Wissenschaftler entwickeln neue, bessere Behandlung von Hirntraumata bei Mäusen
Britische sowie belgische Forscher haben eine neue Behandlung entwickelt, die Entzündungsreaktionen nach einem Hirntrauma bei Mäusen wirksamer eindämmt, teilte das Flämische Institut für Biotechnologie (VIB) am Donnerstag mit. Das Bahnbrechende dieser Behandlung besteht darin, dass das Medikament in die Blutbahn injiziert werden kann und dann durch die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn gelangt. Es ist das erste Mal, dass die Blut-Hirn-Schranke in dem speziellen Fall eines Hirntraumas überwunden werden kann.
Ein Schädel-Hirn-Trauma, wie es bei einem Autounfall oder einem Sturz entstehen kann, kann zu kognitiven Beeinträchtigungen oder sogar zu Demenz führen. Wichtig zu wissen bei einer solchen Verletzung ist, dass es eine Entzündungsreaktion im Gehirn ist, die häufig zu kognitiven Beeinträchtigungen führt.
T-Zelle
Den Forschern war bereits bekannt, dass T-Zellen in der Lage sind, Entzündungen zu erkennen und einzudämmen. Unser Gehirn hat jedoch weit weniger dieser regulatorischen T-Zellen als unser Blut. Um die Schäden nach einer Hirnverletzung zu begrenzen, war es daher notwendig, die Anzahl der T-Zellen im Gehirn zu erhöhen.
Das Team entdeckte, dass die geringe Anzahl von T-Zellen im Gehirn auf die begrenzte Versorgung mit dem Molekül Interleukin 2, auch IL2, zurückzuführen ist. Der Grund dafür scheint zu sein, dass das IL2-Molekül die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann.
Die Wissenschaftler entwickelten daher ein "Genliefersystem": Das Medikament wird in den Blutkreislauf injiziert, passiert die Blut-Hirn-Schranke und setzt dort die DNA frei, die die Produktion von mehr IL2-Molekülen im Gehirn in Gang setzt. Die Menge des IL2-Moleküls im Gehirn stieg bei Versuchen auf das gleiche Niveau wie im Blut an, auch die Anzahl der T-Zellen stieg im Gehirn bis auf das Zehnfache des Normalwerts an.
Die Forschung wurde bislang an Mäusen durchgeführt. Die Tests zeigten, dass Mäuse mit mehr IL2 tatsächlich weniger Schäden nach einer Hirnverletzung aufwiesen. Sie schnitten auch bei kognitiven Tests besser ab.
"Wir haben nicht nur herausgefunden, welches Medikament die Hirnschäden wirksam reduziert, sondern auch, wie es ins Gehirn gelangen kann", erklärt Professor Adrian Liston vom Babraham Institute in Großbritannien, das mit dem VIB zusammenarbeitet.
"Dies ist ein sehr großer Schritt für die Wissenschaft. Es war ein echter Heureka-Moment, als wir die Gehirne der Mäuse sahen: Da wussten wir, dass die Behandlung funktioniert."
Die Forscher haben ihre Methode bei nicht weniger als sechs verschiedenen Erkrankungen oder Störungen des Gehirns getestet, darunter Multiple Sklerose und Schlaganfälle. Das Team arbeitet derzeit auch an einer Veröffentlichung zu der Verhinderung des kognitiven Abbaus bei alternden Mäusen.
Klinische Studien am Menschen wurden bisher noch nicht durchgeführt. Professor Liston geht davon aus, dass man diese innerhalb von zwei Jahren starten kann, nachdem die toxikologischen Tests abgeschlossen sind sowie bei ausreichender Finanzierung. Die klinischen Studien sollten mindestens weitere zwei Jahre in Anspruch nehmen.
Die Studienergebnisse wurden am Donnerstag in der Fachzeitschrift Nature Immunology veröffentlicht.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines menschlichen T-Lymphozyten oder T-Zelle © AFP PHOTO /NATIONAL INSTITUTE OF ALLERGY AND INFECTIOUS DISEASES